"Ich persönlich kann sagen, dass ich durch das Corona-Jahr noch einmal demütiger und dankbarer geworden bin", beginnt Jörg Bohn seine Antwort auf die Frage, wie er persönlich das Corona-Jahr 2020 erlebt hat - und wie es um die Jubi steht.
Jörg Bohn leitet die Jugenbildungsstätte auf Juist, deren Geschichte im Jahr 1956 mit einem Zeltlager in den Dünen begann. Die Gründungseltern waren der sozial engagierte Industrielle Theodor Wuppermann, seine flugbegeisterte Frau Marlies Wuppermann und der leidenschaftliche Pädagoge und Segelflieger Hans Kolde. Ihre Version: Sie wollten eine einzigartige Jugendbildungsstätte ins Leben rufen, in der junge Menschen die Chance bekommen würden, sich auf allen Ebenen der Wahrnehmung, ganzheitlich und vernetzend, zu kritischen, eigenständigen und sozial kompetenten Persönlichkeiten weiterzuentwickeln. Seitdem kommen in der Jubi junge Menschen zusammen, die sich auf Juist, ganz im Inselosten beim Flugplatz, im Rahmen unterschiedlichster Projekte und Ansätze für eine Zeit entfalten und in Gemeinschaft vielleicht neu erleben dürfen.
Jörg Bohn macht einen klaren Unterschied zu der Art, wie er selbst die Lockdown-Zeit empfunden hat, und was es für die Jubi Juist bedeutet. Persönlich gab sie ihm die Gelegenheit, für eine Weile die Stopptaste zu drücken und zur Ruhe zu kommen. Er sagt: "In Afrika leben die Menschen, wenn man so will, jeden Tag, seit Jahrzehnten mit Corona, die wissen nicht, wie es am nächsten Tag weitergeht, sie müssen Morgen wieder Arbeit finden, einen Auftrag bekommen, oder von irgend etwas leben. Wir sind da doch in einer etwas anderen Situation und können uns, zumindest die meisten von uns, dankbar schätzen, dass wir nicht ständig in so einer Ungewissheit leben."
Die Jubi steht auf einem anderen Blatt. Wir erinnern uns: Seitdem Lockdown Mitte März ging auf Juist gar nichts mehr. Keiner kam hin. Also fielen alle Veranstaltungen aus. Am 22. Mai brannte zu allem Überfluss das Dach der Jubi, krachte herunter und zerstörte den gesamten Veranstaltungsbereich. Die Basis für die Kundenveranstaltungen und Events war verloren.
Jetzt ist der Bauantrag für den Wiederaufbau der Halle gestellt. Sie soll moderner und größer werden und vor allem auch neuen, innovativen Konzepten Raum geben."Eigentlich", so Jörg Bohn, "können wir uns das gar nicht leisten." Doch in die Zukunft gedacht, braucht es nun aufgrund von Abstandsregeln und Anforderungen an die Art und Weise, wie Projekte auf moderne Art umgesetzt werden wollen, eine gewisse Größe.
Das Team um die Jubi ist gefordert. Und es ist ungleich schwerer, kreativ zu denken, wenn man muss. Die harten Fakten: viele der Jubikunden kamen und kommen aus der Luftfahrtbranche. Die steckt bekanntermaßen selbst in der Krise, geplante Veranstaltungen werden auch für das Jahr 2021 reihenweise storniert. Potentielle Neukunden, mit denen durchaus vielversprechende Gespräche im Gange waren und sind, ziehen sich ebenso zurück. Zu unsicher ist die Lage, zu groß die Sorge vor dem, was niemand kennt.
Die Jubi liegt sozusagen auf der Intensivstation. Ohne finanzielle Hilfe von außen wird es nicht gehen, sagt Jörg Bohn offen. Und er ist keiner, der jammert. Ebensowenig sein dynamisches, junges Team oder die externen Künstler, die Juist und die Jubi lieb gewonnen haben und mit ihren Ideen unterstützen wollen. Alle an der Jubi Beteiligten stecken seit Jahrzehnten ihr Herzblut in das Projekt. Doch wie soll es weiter gehen?
"In der Saison haben wir Zimmer vermietet", sagt Jörg Bohn. Dass das nicht kostendeckend ist, gibt er auch zu. "Ich muss gestehen, dass ich leicht unter Schock stehe, denn ich habe nicht gedacht, dass sich das alles bis in 2021 hinein ziehen wird. Und das tut es. Wenn wir unsere 180 Zimmer an Feriengäste vermieten, blockieren wir Betten, wenn dann doch Kunden anfragen, weil sich die Lage entspannt." Nein, einfach ist es nicht derzeit, und kreative Ideen sowie, ja, sagen wir es offen, auch finanzielle Unterstützung sind gefragt.
Man sei auf der Suche nach neuen Modellen, zum Beispiel die Räumlichkeiten für Kurse aus anderen Bereichen zu vermieten oder Hochzeiten auszurichten. Jörg Bohn und sein Team und alle Jubi-Unterstützer wollen positiv bleiben. Es wird weitergehen, jedoch anders, hofft Jörg Bohn. Er ist überzeugt: "Wir glauben weiterhin an unsere Überzeugung, dass zukünftig die Nachfrage nach unserer Arbeit auch wieder steigen wird. Wir sollten darum die Chance der Vergrößerung jetzt auch nutzen."
Wenn Sie, liebe Leser, kreative Ideen haben, wenden Sie sich gerne an die Jubi. Nichts ist zu verrückt. Sonst wäre es ja nicht die Jubi.