Seit fast 12 Jahren lebt und wirkt Schwester Michaela Wachendorfer als katholische Seelsorgerin auf Juist. Damals träumte sie von einem Rückzugsort am Meer. Sie war sicher: „Meer, so nah an der großartigen Natur, hilft der Seele, sich für die wirklich wesentlichen Dinge zu öffnen.“ Juist hat sie sich sehr bewusst ausgesucht, denn, so sagt sie: „Die Insel mit der Lage der Kirche und der großartigen Natur drum herum waren einfach genau die richtigen Umgebungsvoraussetzungen für die Arbeit.“ Als „Schwester Michaela“ ist sie seitdem nicht nur Kirchenvorstandsvorsitzende und Tourismusseelsorgerin, sondern leitet auch die Exerzitien, die ihr persönlich ein großes Anliegen sind. „Exerzieren bedeutet üben“, erklärt sie. In einer lauten und schnellen Welt bietet sie auf Juist einen Ort an, an dem man Rückzug wieder üben kann. Sie stellt fest: „Die Sehnsucht nach Orientierung, Sinn und Tiefe wird stärker. Wir antworten darauf, indem wir Räume und Begleitung bieten, um zur Stille und zum wirklichen Hinhören auf die eigene Mitte zu finden. Damit wird es neu möglich, zu sich selber, zum Anderen und zu Gott zu kommen. Unser eigenes Gebetsleben steht in der alten christlichen Tradition des Herzensgebetes - verbunden mit einer kontemplativen Lebenshaltung im Alltag.“
Mehrmals im Jahr bietet Schwester Michaela auf Juist kontemplative Exerzitien in Gruppen an. Darin finden sich Menschen zwischen 30 und 60 Jahren zusammen. Die meisten Teilnehmer*innen sind religiös eingestellt, jedoch nicht unbedingt katholisch. Sie glauben. Das vereint sie.
"Es sind Tage intensiver Zeiten der Stille und des Schweigens, darauf ausgerichtet, sich in die Achtsamkeit auf den Augenblick einzuüben, und sich so zur eigenen Mitte, zum Herzen und zum „Herzensgebet“ führen zu lassen“, so Schwester Michaela. "Für 3 - 5 Stunden meditiert man schweigend miteinander, ein wichtiges Element ist auch die bewusste Wahrnehmung der Natur. Es gibt die Möglichkeit zur Einzelbegleitung, ebenso sind Impulse zur Meditation, Gottesdienste und durchgehendes Schweigen Bestandteile. Psychische Belastbarkeit und Erfahrung mit kontemplativem Gebet und längeren Schweigezeiten sind erforderlich.“
Einzelexerzitien sind ganzjährig, auch in der Hauptsaison, möglich. Aktuell hat sie vier Leute da, die sie durch die Exerzitien begleitet. Doch gerade die ruhige Herbst- und Winterzeit bieten sich an, um in die Stille einzukehren. Weil Juist dann selbst still wird.
Ob sich die Anfragen nach Exerzitien durch die Corona-Zeit vermehrt haben, möchten wir wissen. Schwester Michaela verneint das. Doch sie sagt: „Die Sorgen der Menschen sind größer, existentieller geworden. Viele fühlen sich eingeschränkt, auch bedrohter.“ Generell gehe es jedoch egal zu welcher Zeit immer um die Frage nach dem Sinn des eigenen Lebens. „Eventuell sind die Menschen bedingt durch Corona jetzt näher dran an dem Thema“, sagt sie.
Am 30. August 2020 um 18:00 Uhr zeigt der NDR in einer Folge des „Nordseereport - Wege am Meer“ Schwester Michaela und ihre Arbeit und das schöne Juist.
In diesem Herbst finden die von Schwester Michaela geleiteten Exerzitien jeweils vom 11. bis 18. Oktober 2020 und vom 08. bis 15. November 2020 statt.